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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 29.09.1999
Aktenzeichen: 5 U 140/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 25
Es ist nicht willkürlich oder grob unbillig, wenn ein Landesfachverband der Bestattungsunternehmen ein Vereinsmitglied ausschließt, weil einer von dessen gesetzlichen Vertretern einem konkurrierenden Verband von Gewerbetreibenden angehört, die Leichen einbalsamieren und die hygienische Versorgung von Verstorbenen durchführen.
Geschäftsnummer: 5 U 140/99

Verkündet am 29. September 1999

OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

in dem Rechtsstreit

Der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. September 1999 durch die Richter am Oberlandesgericht Kaltenbach, Dr. Menzel und Weller

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 21. Dezember 1998 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die klagende GmbH betreibt ein Bestattungsunternehmen. Ihre Geschäftsführer sind die Gesellschafter Juliane K (55%) und Peter K (45%).

Die Klägerin gehörte dem beklagten Landesfachverband an, der als Interessenvertreter des Bestattungsgewerbes tätig ist. Der Gesellschafter Peter K ist auch Mitglied im Verband Deutscher Thanatologen e.V. (künftig VDT), der eine Berufsvereinigung solcher Gewerbetreibender ist, die Leichen einbalsamieren und die hygienische Versorgung von Verstorbenen durchführen. Der Beklagte hat die Klägerin deshalb aus seinem Verband ausgeschlossen. Die gegen den Ausschluss gerichtete Klage hat das Landgericht abgewiesen.

Mit der Berufung trägt die Klägerin vor, die Satzung rechtfertige nicht den Ausschluss, weil nur einer ihrer Gesellschafter dem VDT angehöre. Die Inhaltskontrolle der Satzung müsse berücksichtigen, dass der Beklagte kammerartig organisiert sei und eine große Machtfülle besitze. Zudem sei in der Mitgliedsversammlung, die den Ausschluss besiegelt habe, eine falsche Beschlusslage des Bundesverbandes des Deutschen Bestattungsgewerbes unterbreitet worden.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass ihr Ausschluss aus dem beklagten Landesverband unwirksam sei und ihre Mitgliedschaft fortbestehe,

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Satzung rechtfertige den Ausschluss, in jedem Fall sei dieser nicht offenbar unbillig. Es gebe mehrere auf dem selben Gebiet tätige und konkurrierende Verbände, selbst wenn man den VDT nicht zu den Konkurrenzverbänden zähle. Den in der Sitzung vom 30.10.1996 gefassten Beschluss, dass es sich bei dem VDT um einen konkurrierenden Wettbewerbsverband handele, habe der Bundesverband im April 1999 nochmals bekräftigt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, die in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze der Parteien sowie die zu den Akten gereichten Urkunden.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Beklagte war berechtigt, die Klägerin aus seinem Verband auszuschließen; der Ausschluss und das ihm zugrunde liegende Verfahren sind auch ansonsten rechtmäßig.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterliegen vereinsrechtliche Disziplinarmaßnahmen zwar der Kontrolle der staatlichen Gerichte, jedoch muss die Kontrolle in grundsätzlicher Anerkennung der Vereinsautonomie bestimmte Grenzen einhalten. Die Gerichte können überprüfen, ob die verhängte Maßnahme eine Stütze im Gesetz oder in der Satzung hat, ob das satzungsmäßig vorgeschriebene Verfahren eingehalten ist oder sonst Gesetzes- oder Satzungsverstöße vorgekommen sind und ob die Maßnahme nicht grob unbillig oder willkürlich ist. Darüber hinaus haben die Gerichte zu befinden, ob die Tatsachen, die der Ausschließungsentscheidung zugrunde gelegt wurden, bei objektiver und an rechtstaatlichen Grundsätzen ausgerichteter Tatsachenermittlung zutreffend festgestellt worden sind. Die Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter die herangezogene Vorschrift gehört jedoch zu den Maßnahmen, die der Verein in Ausübung seiner Vereinsgewalt eigenverantwortlich zu treffen hat, sie ist nur in engen Grenzen nachprüfbar (BGH NJW 1997, 3368).

Bei der Auslegung der Satzungsbestimmungen, die dem Ausschluss zugrunde gelegt wurden, muss dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sie auf Dauer angelegt für eine Vereinigung mit wechselndem Mitgliederbestand getroffen wurden. Ausgehend vom Wortlaut und vom allgemeinen Sprachgebrauch und dem, was ein vernünftiger Mensch daraus entnehmen kann, ist unter Heranziehung objektiv bekannter Umstände, des Vereinszwecks und der danach zu fördernden Mitgliederinteressen auch zu berücksichtigen, welche Sachzusammenhänge und Kenntnisse bei Mitgliedern und Organen des Vereins vorausgesetzt werden können (Staudinger-Weick, § 25, Rdn. 16 b).

Das Zusammenspiel der §§ 7 und 5 der Satzung des Beklagten gibt zu Zweifeln Anlass, ob eine juristische Person, die Mitglied des Beklagten ist, auch dann ausgeschlossen werden kann, wenn nur einer ihrer gesetzlichen Vertreter einem anderen Verband angehört, der sich als Berufsvertretung des Bestattungsgewerbes darstellt oder sich in dem Arbeitsgebiet des beklagten Verbandes betätigt. Das Verständnis des Beklagten, dass auch in diesem Falle schon der Interessenkonflikt bestehe, der durch die Regelung in der Satzung habe verhindert werden sollen, ist weder fernliegend noch willkürlich. Augrund dieser Handhabung und Auslegung der Satzung war zuvor schon eine andere juristische Person ausgeschlossen worden (Bestattungshaus Sch GmbH). Diese gleichmäßige, nicht willkürliche oder grob unbillige Auslegung durch die Mitgliederversammlung ist in Beachtung der Vereinsautonomie hinzunehmen. Dass der Beklagte kein konkurrenzloser Monopolverband ist, an dessen Verhalten strengere Maßstäbe anzulegen wären, ist aufgrund des Vorbringens der Klägerin (Schriftsatz vom 9.10.1998, Bl. 42 f. GA) nicht anzunehmen.

Der entsprechend dem in der Satzung vorgeschriebenen Verfahren zustande gekommene Ausschließungsbeschluss ist nicht deshalb unwirksam, weil der Ausschließungsentscheidung unrichtige Tatsachen zugrunde gelegt worden wären. Die Berufung erneuert den Vorwurf, wonach es im Herbst 1996 keinen Beschluss des Bundesverbandes des Deutschen Bestattungsgewerbes über die Unvereinbarkeit einer gleichzeitigen Mitgliedschaft im VDT gegeben habe. Darauf kommt es jedoch nicht an.

Zwar ist in dem Schreiben, mit dem der Geschäftsführer der Klägerin aufgefordert wurde, seine Mitgliedschaft im VDT zu beenden, von einem Beschluss des Bundesverbandes vom 30.10.1996 die Rede, jedoch ist der Ausschließungsbeschluss hierauf nicht gestützt. Mit dem Schreiben vom 27. Mai 1997 wird ausschließlich auf die gleichzeitige Mitgliedschaft im VDT abgestellt, ohne dass sich auf den Bundesverband berufen wurde.

Entscheidend ist folgendes: Nach dem Ergebnisprotokoll der Mitgliederversammlung zu TOP 2 b "Ausschluss des Verbandsmitgliedes K GmbH" hat der Vorsitzende des Beklagten den Ausschluss damit begründet, dass der VDT sich als Bestatterverband darstelle. Er hat allerdings dann auch darauf hingewiesen, dass der Bundesvorstand auf seiner Sitzung im Herbst 1996 in München den VDT zum Wettbewerbsverband erklärt habe, was eine Empfehlung für die angeschlossenen Mitgliedsverbände darstelle. Anschließend, noch vor der Abstimmung, hatte aber der Geschäftsführer der Klägerin Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen. Die Berufungsbegründung hat die von ihm vorgetragenen Gründe in ausführlicher Form zu den Akten gereicht. Daraus ergibt sich, dass Peter K dieser Darstellung des Vorsitzenden des Beklagten ausdrücklich widersprochen hat. In der Sitzung vom 30.10.1996 habe es keine Abstimmung und keine Beschlussfassung gegeben, einen Beschluss, wonach die Mitgliedschaft im VDT den zwangsweisen Ausschluss im Landesverband zur Folge habe, gebe es nicht (125 GA).

Daraus folgt, dass die anwesenden Mitglieder vor der Entscheidung einen zutreffenden Kenntnisstand hatten, nämlich den, dass nicht abschließend geklärt war, ob seitens des Bundesverbandes ein Unvereinbarkeitsbeschluss gefasst worden war oder nicht. Obgleich sich einige Mitglieder verunsichert über die Rolle des VDT äußerten (23 GA), wurde die Ausschlussentscheidung des Vorstandes des Beklagten mit 13 : 9 Stimmen bestätigt. Daher kommt es nicht darauf an, ob am 30.10.1996 tatsächlich ein derartiger Beschluss des Bundesverbandes erfolgte und ob dieser am 23. April 1999 bestätigt wurde, ebenso wenig wie darauf, ob andere Landesverbände eine gleichzeitige Mitgliedschaft im VDT ähnlich ahnden, wie der selbständige beklagte Landesverband. Die in Vereinsautonomie vertretbare, nicht offensichtlich willkürliche Entscheidung des Beklagten ist zu respektieren.

Die Berufung ist nach alledem mit den aus §§ 97 Abs. 1, 708 Ziffer 10, 711, 713 ZPO folgenden Nebenentscheidungen zurückzuweisen. Da der Senat nicht von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs abweicht und die Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung hat, hat er die Revision nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren und die Beschwer der Klägerin betragen DM 12.000,--.

Ende der Entscheidung

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